PRINCE2®: Agile und Projektmanagement verbinden

Betrachten wir Projektmanagementmethoden wie PRINCE2®, findet sich oft eine extreme Meinung: Klassisches Projektmanagement ist out, agile Methoden sind der Hit. Stimmt das denn? Sicher ist, dass Agilität nicht alles leisten kann. Traditionelles Projektmanagement aber auch nicht. Das heißt: Wir sollten beide Ansätze verbinden können. Doch wie? Kann PRINCE2 das schaffen? Und bekommen wir „agiles Projektmanagement“, wenn wir Projektmanagement und agile Vorgehensweisen zusammennehmen? Finden wir es heraus!

PRINCE2 ist nicht tot!

Eines vorneweg: Das „klassische“ Projektmanagement etwa mit PRINCE2 ist bei Weitem nicht veraltet oder unbrauchbar. PRINCE2 klassisch einzusetzen, kann sogar sehr gut funktionieren. Dazu müssen wir allerdings dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Das gleiche gilt natürlich für agile Ansätze, denn ohne den passenden Rahmen sind auch sie zum Scheitern verurteilt. Doch bleiben wir einen Moment beim klassischen PRINCE2 Projektmanagement. PRINCE2 ist in vielen Fällen die richtige Wahl. Geschulte Teammitglieder und Führungskräfte wie etwa PRINCE2 Practitioner führen die klassische Methode am besten zum Ziel, wenn das Projekt …

  • kurz angelegt ist,
  • klar definierte Ziele hat,
  • einen festen Output voraussetzt,
  • unter konkret detaillierten, vorhersagbaren Bedingungen stattfindet und
  • keine plötzlichen Änderungen auftreten.

Stimmen diese Bedingungen, kann man sich nach dem Initiieren des Projekts komplett auf die Umsetzung konzentrieren. Ohne plötzliche Änderungen gibt es keinen Grund, weitreichende Anpassungen während der PRINCE2 Implementierung vorzunehmen. Ein gutes Beispiel dafür wäre ein Hausbau mit PRINCE2: Hier wird alles im Vorhinein detailliert und das Material bestellt, bevor es an die Umsetzung geht. Für dieses Beispiel wäre eine agile Umsetzung völlig fehl am Platz.

Wann geben wir agilen Methoden den Vorzug?

Agile Vorgehensweisen können besonders glänzen, wenn die oben genannten festen Strukturen nicht gegeben sind. Im Gegensatz zu einem klassischen PRINCE2 Projekt kommt es in der agilen Welt oft vor, dass Anpassungen vorgenommen werden (müssen). Je länger das agile Projekt dauert, desto mehr kann und wird sich verändern – vom Markt über die Kundenwünsche bis zu den Rahmenbedingungen innerhalb der Organisation. Die Macht der agilen Entwicklung besteht darin, auf solche Veränderungen flexibel zu reagieren. Daher eignen sie sich im Gegensatz zu klassischen PRINCE2 Umsetzungen am besten bei Projekten …

  • ohne klar definierten Output,
  • die vage Anforderungen haben oder von häufigen Änderungen gekennzeichnet sind und
  • mit einer Vision beginnen, die sich im Lauf des Projekts entwickeln darf und soll.

Die Ebenen von PRINCE2

Wie schaffen wir nun also den Bogen zum „agilen“ oder besser gesagt „hybriden“ PRINCE2 Projektmanagement? Um das zu ergründen, müssen wir einen kurzen Blick auf die verschiedenen Level von PRINCE2 werfen. Wir können im Projektmanagement drei Ebenen identifizieren, auf denen agiert wird: die Lenkung, das Management und die Umsetzung.

Lenkung bedeutet: Hier ist das PRINCE2 Projekt in der Organisation verankert. Auf dieser Ebene gibt es einen Gesamtblick auf das große Ganze und die Art, wie das Projekt in die strategischen Entwicklungspläne des Unternehmens eingebunden ist. Das geschieht beispielsweise durch den Lenkungsausschuss. Hier hat unter anderem das Thema Governance seinen Platz. Wir können festhalten, dass auf der Lenkungsebene alles übergreifend betrachtet und zum Funktionieren gebracht wird. Zudem findet hier die Rechtfertigung des Projekts statt: Hat es der Organisation einen Mehrwert gebracht? Waren die dafür ausgegebenen Mittel es Wert?

Anders sieht es auf der Managementebene von PRINCE2 aus. Hier findet die Gesamtplanung des Projekts statt. Wir planen den Einsatz der Teams, managen Abhängigkeiten und gleichen Fortschritte ab. Mit anderen Worten: Hier laufen die Strippen aus den Umsetzungsteams zusammen. Zwei Ebenen haben wir damit bereits betrachtet.

Zwei Welten verbinden: PRINCE2 wird zu PRINCE2 Agile

PRINCE2 als klassische Projektmanagementmethode beschäftigt sich größtenteils mit den beiden vorher genannten Ebenen. Wie viele andere Methoden legt PRINCE2 nicht fest, wie das geplante Projekt verwirklicht wird. Das Wie ist auf der Umsetzungsebene aber entscheidend. Deshalb haben agile Methoden wie Scrum, Kanban oder Lean-Ansätze hier ihren Platz und werden von den Teams in der Praxis erfolgreich angewendet. Dies bietet sich an, denn auf der Umsetzungsebene finden meist viele kleine Entwicklungen statt, die erst auf der Managementebene zusammenlaufen.

PRINCE2 Agile macht diese Idee zu einem ganzheitlichen Konzept über alle drei Ebenen: Unterschiedliche Teams können in PRINCE2 Agile auf der Umsetzungsebene mit verschiedenen Methoden arbeiten – je nachdem, welche Arbeitsweise zu den besten Ergebnissen führt. Die große Herausforderung, die agile Ansätze oft nicht abdecken, ist das Zusammenbringen der entstandenen Teilprodukte sowie die Abstimmung der Teams untereinander. Die daraus entstehende Komplexität in unterschiedlichen Dimensionen können agile Vorgehensweisen nicht allein stemmen. PRINCE2 Agile hingegen vermag dies, denn es betrachtet gezielt auch die Lenkungs- und Managementebene, um Abhängigkeiten präzise steuern zu können und am Ende einen gemeinsamen Releasetermin zu erhalten. So entsteht aus der Fusion von klassisch und agil das hybride Projektmanagement mit PRINCE2 Agile.

PRINCE2 Agile: Hybrid oder agil?

PRINCE2 Agile können wir am besten mit dem Begriff „hybrides Projektmanagement“ beschreiben. Denn „agiles Projektmanagement“ ist eigentlich irreführend. Schließlich beziehen agile Frameworks die obengenannten wichtigen Steuerungsebenen aus dem Projektmanagement gar nicht ein. Sie konzentrieren sich auf die Umsetzung, die wiederum klassische Projektmanagementmethoden wie PRINCE2 nicht näher spezifizieren. Wir nennen die Verquickung aus Frameworks wie Scrum und Methoden wie PRINCE2 daher lieber hybrides Projektmanagement. So können wir deutlich betonen, dass PRINCE2 Agile zwei Denkweisen vereint, ohne Projektmanagement an sich „agil zu machen“.

Der Vorteil daraus ist, dass im hybriden Projektmanagement mit PRINCE2 Agile die agilen Denk- und Handlungsweisen für eine größere Flexibilität in der Umsetzung sorgen. Die Projektmanagementanteile hingegen ermöglichen Komplexität und bearbeiten Abhängigkeiten, damit der organisatorische Zusammenhang gewahrt bleiben und alles finanziert werden kann.

In der Verquickung beider Welten werden so Projekte möglich, bei denen die Rahmenbedingungen stehen, das Gesamtprodukt aber nicht von vornherein bekannt ist. Das heißt auch, dass die Entwicklung mit PRINCE2 Agile in ihren Details zu weiten Teilen den Teams überlassen wird. An die Stelle vieler Managementaktivitäten tritt agile Selbstorganisation. Zusätzlich werden Reportings und andere Berichtsmaßnahmen insgesamt informeller.

PRINCE2 Agile at its best: Wann setzen wir es ein?

Hybride Methoden wie PRINCE2 Agile verbinden das Beste aus beiden Welten. In der Kombination erhalten wir mit dem hybriden PRINCE2-Agile-Ansatz ein Projekt, …

  • … bei dem das Ziel komplex, aber grundsätzlich definierbar ist. Grundlegende Rahmenbedingungen sind zwar spezifiziert, doch die meisten Details entstehen erst mit der Zeit.
  • … bei dem die Ausgestaltung der Details den einzelnen Entwicklungsteams obliegt.
  • … bei dem jede Projektphase als eine Timebox gilt, nach der jeweils Überprüfung und Anpassung stattfindet.
  • … bei dem eine übergreifende Steuerung der inhaltlichen Abhängigkeiten nötig ist. Dafür stimmt ein Projektmanager die Gruppen untereinander ab und vertritt das Gesamtbild, damit alle Teams gewinnbringend miteinander arbeiten können.
  • … bei dem die Entwicklungsteams agil arbeiten – zum Beispiel mit Scrum oder Kanban.
  • … bei dem die Berichterstattung und Fortschrittskontrolle proaktiv und eher informell erfolgen.

Im Fokus: Hybrides Projektmanagement mit PRINCE2 Agile

Der Rahmen von PRINCE2 Agile entspricht zunächst dem klassischen PRINCE2 Ansatz. Die Projektsteuerung findet auch im hybriden Projekt übergeordnet von Anfang bis Ende statt. Der große Rahmen des PRINCE2 Projekts wird vor der Entwicklung definiert, zum Beispiel mit einem Goal und gewissen Mindestanforderungen. Wichtig ist, dass am Entwicklungsende ein Mehrwert für den Kunden steht. So viel zum klassischen Anteil des PRINCE2 Projekts.

In den Phasen zwischen Vorbereitung und Ende wird es agiler: In der Projektinitiierung brechen wir das Produkt in einzelne Teilbereiche oder Teilprodukte herunter. Dafür übernehmen die einzelnen Teams Verantwortung, indem beispielsweise die Product Owner oder Customer Subject Matter Experts die Teilziele ausformulieren und anschließend mit ihren Entwicklungsteams umsetzen. Überprüfung und Anpassung findet dabei immer statt, wenn eine Phase in die nächste übergeht. Dadurch werden die Phasen des Projektmanagements mit PRINCE2 Agile zu Timeboxes, an deren Ende zum Beispiel agile Reviews und Retrospectives stattfinden. Ein Release kann beispielsweise auch an einem solchen Zeitpunkt liegen. Für die Phasensteuerung ist ein Projektmanager zuständig, zum Beispiel ein zertifizierter PRINCE2 Practitioner.

Klassisch, agil oder hybrid? Es kommt darauf an!

Zum Abschluss können wir feststellen: Es kommt immer auf das Projekt und seinen Kontext an, ob wir klassisch, agil oder hybrid vorgehen. Die Bedingungen, unter denen ein PRINCE2 Projekt stattfindet, haben maßgeblichen Einfluss darauf, wie es durchgeführt werden sollte. Auch muss die gewählte Methode zur Organisation selbst passen. PRINCE2 Agile kombiniert dazu einen übergeordneten Governance-Ansatz mit den passenden Entwicklungsmethoden. So entsteht mit dem hybriden Projektmanagement ein Weg, der sehr vielseitig einsetzbar ist.

Gehen Sie in nächster Zeit ein Projekt an, für das sie noch das geeignete Vorgehen suchen? Dann lassen Sie sich gern von uns beraten!

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